Blumentäuschung ist einer der dreistesten Betrugstricks der Natur. Viele Blumen täuschen Tiere, indem sie sie besuchen – nicht mit Belohnungen wie Pollen oder Nektar, sondern mit bloßen Illusionen. Manche blühen wie Festmahle, andere riechen nach Fäulnis oder Romantik – und imitieren Nahrung, Partner oder sogar verwesendes Fleisch. In jedem Fall überträgt der Bestäuber unwissentlich Pollen, wenn er auf die Täuschung hereinfällt. Die meisten dieser botanischen Imitatoren imitieren tierische Nebenprodukte wie Mist oder Kadaver. Aber eine Art, Meiogyne heteropetala, scheint sich für eine originellere Verkleidung entschieden zu haben.
Diese Pflanze aus dem Nordosten Australiens gehört zur Familie der Zimtapfelgewächse (Annonaceae) und ist bekannt für ihre Blüten, die mit fruchtigen oder gärenden Aromen Käfer anlockenEine aktuelle Studie unter der Leitung von Dr. Ming-Fai Liu und Prof. Richard Saunders enthüllt, dass Meiogyne heteropetala ahmt das Aussehen und den Geruch von toten Blättern und Zweigen nach, die im Blätterdach hängen, um Käfer zur Bestäubung zu verleiten – der erste dokumentierte Fall einer solchen Strategie.

Um diese Tarnung durch Blätter aufzudecken, führte das Forschungsteam fünf Jahre lang Feldforschung in den Wäldern von Queensland, Australien, durch. Sie beobachteten blühende Bäume in der Natur und in Gärten und zeichneten auf, welche Insekten die Blüten besuchten und was sie in den Blüten taten. Um zu verstehen, was die Blüten so überzeugend machte, analysierte das Team ihre Größe, Farbe und ihren Duft und verglich diese Merkmale mit nahegelegenen, abgestorbenen Blättern, die in den Zweigen hängen geblieben waren.
Meiogyne heteropetala Blüten mit ihren dunkelbraunen Blütenblättern und dem minzigen Duft sind nicht gerade auffällig und ähneln sogar abgestorbenen Blättern. Das hielt jedoch viele wirbellose Tiere, darunter Käfer, Schabennymphen und Spinnen, nicht davon ab, diese Blüten zu besuchen. Was haben all diese Tiere gemeinsam? Sie gehören alle zur vielfältigen Fauna des Laubes, was darauf hindeutet, dass diese Blüten gut als abgestorbene Blätter durchgehen.
Ausgerechnet der Käfer Loberus sharpi stach hervor. Sie war nicht nur klein genug, um in die innere Blütenkammer zu gelangen, wo sich sowohl die Organe zur Pollen- als auch zur Samenproduktion befinden, sondern sie war auch die einzige Art, die Pollenkörner trug. Noch aufschlussreicher: Loberus sharpi ist ein spezialisiertes Insekt, das dafür bekannt ist, sich zu paaren und seine Eier in der Streu abzulegen. Die Autoren haben Eier dieses Insekts in den Blütenblättern dieser Art nachgewiesen. Insgesamt liefern diese Ergebnisse starke Beweise für die Wirksamkeit von Meiogyne heteropetala Blumentäuschung.

Diese Täuschung ist jedoch weit mehr als nur eine raffinierte Lackierung. Die Geruchsanalysen zeigten, dass Meiogyne heteropetala erzeugte einen bemerkenswert ähnlichen Geruch wie verrottende Blätter, wobei 1,8-Cineol in beiden Mischungen die am häufigsten vorkommende Verbindung war. Diese Ähnlichkeit war so überzeugend, dass weitere Laborexperimente zeigten Loberus sharpi Die Käfer schienen allein vom Duft von Blüten, natürlichem Streu und 1,8-Cineol angezogen zu werden – was darauf schließen lässt, dass Käfer Schwierigkeiten haben, die Aromen zu unterscheiden. Zwar bevorzugten sie den Geruch von echtem Streu, doch die Ähnlichkeit reichte aus, um die Käfer in die Blüten zu locken und so die Bestäubung sicherzustellen.
Die Studie von Liu und Kollegen ist daher mehr als nur eine faszinierende Geschichte über eine Blume, die Bestäuber täuscht. Sie schlägt ein neues Kapitel in unserem Verständnis der Beziehungen zwischen Pflanzen und Bestäubern auf, indem sie zeigt, dass selbst etwas so Unansehnliches wie tote Blätter zum Ziel evolutionärer Mimikry werden kann. Indem sie zeigt, dass Meiogyne heteropetala Das Modell imitiert Aussehen und Geruch von Laub, um einen hochspezialisierten Käfer zu täuschen. Diese Forschung erweitert den Bereich der bekannten Bestäubung durch Blütentäuschung. Laub findet sich in Wäldern weltweit, und die enorme Artenvielfalt ist auf Laub als Lebensraum angewiesen. Wie viele weitere unerwartete Interaktionen dieser Art warten noch darauf, entdeckt zu werden?
DER ARTIKEL::
Liu, MF, Chen, J., Goodrich, KR, Chiu, SK, Pang, CC, Scharaschkin, T. und Saunders, RM, 2025. Luftstreu-Mimikry: Eine neuartige Form der Blütentäuschung, vermittelt durch eine Monoterpen-Synthase. Journal of Ecology, 113(2), pp.302-321. https://doi.org/10.1111/1365-2745.14446

Victor HD Silva
Victor HD Silva ist ein Biologe, der sich leidenschaftlich mit den Prozessen beschäftigt, die die Interaktionen zwischen Pflanzen und Bestäubern prägen. Derzeit konzentriert er sich darauf, zu verstehen, wie die Interaktionen zwischen Pflanzen und Bestäubern durch die Urbanisierung beeinflusst werden und wie man städtische Grünflächen bestäuberfreundlicher gestalten kann. Für weitere Informationen folgen Sie ihm auf ResearchGate als Victor HD Silva.
Portugiesische Übersetzung von Victor HD Silva. Titelbild von Chun-Chiu Pang.
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